Auswirkungen des und Fragen zum Web 2.0 (1)

Am Dienstag hatte ich Rahmen der Web 2.0 Mittelstandskonferenz ein interessantes Gespräch mit einigen eher skeptischen Menschen zum Themenkomplex Informationen aus dem Netz. Dabei ging es um diverse Punkte die ich hier in zwei Teilen näher beleuchten will. Leider mit etwas Verspätung, allerdings ist meine Zeit momentan ziemlich knapp und zum Befüttern des eigenen Blogs bleibt leider weniger, als ich es gerne hätte. Man sehe es mir nach.

Wenn Menschen anfangen, sich nur noch über ihre jeweiligen, ganz speziellen Interessensgebiete zu informieren, indem sie entsprechende Kanäle beispielsweise via RSS abonnieren – geht dann die Grundlage für einen gesellschaftlichen Dialog über generelle Themenfelder verloren, weil eine gemeinsame Informationsbasis fehlt?

Eine absolut spannende Frage. Driften wir in eine Welt ab, in der es nur noch ganz diversifizierte Communities gibt, denen eine verbindende Gesprächsbasis fehlt? Nun, heutzutage ist es sicherlich möglich, sich nur noch in ganz bestimmten Fachblogs und -foren zu tummeln und daraus seine einzigen Informationen zu beziehen. Allerdings gibt es meines Erachtens nach zwei Punkte, die der These von einer totalen Zersplitterung der Informationsgesellschaft widersprechen.

1. Gibt es ein Grundbedürfnis des Menschen, mitreden zu können. Die Popularität von Gossipmagazinen und Co. unterstreicht dies. Beim Smalltalk im Aufzug, im Büro mit den Kollegen oder beim Besuch der Eltern: Man will mitreden können, über das, was aktuell passiert. Übrigens zieht sich dies sogar bis in die speziellsten Foren, deren Offtopic-Bereich in den meisten Fällen auch Gespräche über Bundestagswahlen oder die neusten Eskapaden von Paris Hilton beheimaten.

2. Ist die Spezialisierung ja mittlerweile kein brandneues Phänomen mehr. Auch vor 20 Jahren gab es schon Menschen, die Experten in ihrem Bereich (sei es Wissenschaft oder Hobby) waren und von speziellen Videos, Büchern bis zu Magazinen alles konsumierten, was es aus ihrem Fachgebiet gab. Waren das deshalb alles Fachidioten, mit denen ein Gespräch über andere Themen nicht mehr möglich war? Mitunter ja. Aber sicherlich nicht im überwiegenden Maße. Es ist letztlich jedes Menschen eigene Wahl, ob er sich in die Breite informiert oder nur ganz selektiv Inhalte wahrnimmt. Dies war noch nie anders. Das Internet erleichtert es natürlich ungemein, sich spezifisch zu informieren, doch wenn man sich die Zahlen anguckt, wer von diesen Möglichkeiten tatsächlich gebrauch macht, dann muss man feststellen: Die breite Masse tut dies noch nicht.

Führt das Internet zu einer Verbreitung von falschen Aussagen und Meinungen, weil Autoren mit mangelndem Fachwissen zu allem ihren Senf abgeben und die Leser ihnen alles glauben?

Sicherlich keine neue Kritik, aber eine, die sich lange hält und oft angebracht wird, wenn sich ein Gespräch um das Medium Internet dreht. Obwohl die Überlegung sicherlich nicht grundsätzlich falsch ist, ist sie auch keine Zwangsläufigkeit.

Zunächst ist entscheidend, dass gezielt, also etwa bereits in der Schule, an der Medienkompetenz der Menschen gearbeitet wird. Eine Information auf einem Blog kann falsch sein. Und eventuell ist die Gefahr, aufgrund einer mangelnden Überprüfung der Veröffentlichung, auch größer als im klassischen redaktionellen Umfeld.

Nur: Erstens gibt es auch aus ’seriösen Medienhäusern‘ oft genug Beispiele, die zeigen, dass auch dort falsches (gezielt?) verbreitet wird. Man gucke nur hier oder hier. Daraus resultiert, dass man als Rezipient stets und ständig seine Quellen hinterfragen sollte. Gleichgültig, ob es sich um ein Blog oder eine Tageszeitung handelt. Dass dies in der Realität viel zu wenig der Fall ist, gebe ich zu. Da hilft eben nur gezielte Bildung.

Zum zweiten stellen bei Weitem nicht alle Blogs private Motz- und Meckerorgane da, die auf jedwege journalistischen Qualitätsmaßstäbe verzichten. Man lese nur mal regelmäßig den Spiegelfechter. Und auch mangelndes Fachwissen ist keineswegs das neue Synonym für Blogger. Wissenschaftler wie Prof. Thomas Pleil oder erfahrene Praktiker vom Format eines Bob Batchelor betreiben exzellente Fachblogs und sind somit eine ideale Anlaufstelle, um sich mit einer Thematik näher auseinanderzusetzen. Natürlich gilt auch hier, niemals blind einer Information zu vertrauen. Wie gesagt allerdings, trifft selbiges für jegliches mediale Format zu.

Wie auch bei der herkömmlichen Presse kommt es eben auch bei Blogs darauf, welche ich denn lese. So wie sich die taz darüber ärgern würde, mit der Bild über einen Kamm geschoren zu werden, ist Blog eben nicht gleich Blog. Zunächst ist ein Weblog nämlich ein simples CMS und kann, wie jedes Blatt Papier, mit hochwertigem oder mangelhaftem Inhalt befüllt werden.

Zuletzt – auch wenn dies bestritten werden mag – reguliert sich das Netz eben doch zu einem gewissen Grad selbst. Diskussionen in Kommentaren, gegensätzliche Darstellungen auf anderen Blogs – all dies ist Ausdruck dieser Regulation. Natürlich ist hier wieder notwendig, dass der Leser eines Blogeintrags auch die Kommentare liest oder dem ein oder anderen Trackback-Link folgt. Wo wir wieder beim Thema Medienkompetenz wären.

In den nächsten Tagen folgt der zweite Teil, in dem es dann u.a. um die Frage gehen wird, ob Blogs eine Gefahr für den Journalismus darstellen.

[Update: Der zweite Teil ist nun online]

Thomas Euler


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