Früher war der Fall klar: Diesel für Vielfahrer, der Rest tankt Benzin. Und heute? Kostet Diesel beinahe so viel wie Benzin. Und dazu schocken die Selbstzünder fast immer mit saftigen Steuer- und Versicherungsprämien. Höchste Zeit, mal über den Tellerrand zu schauen: Welche Treibstoffe können wir außerdem verfeuern? Unser Tipp: Erdgas. Denn unterm Strich sind die Kosten pro Kilometer mit Erdgas am niedrigsten. Und außerdem gibt es ein großes Angebot an Erdgasfahrzeugen auf dem Markt. Bereits 1994 versuchte es BMW mit dem 316g Compact, der bis 2000 im Sortiment blieb. Für 3500 Euro sind gut erhaltene Exemplare mit weniger als 100.000 Kilometern im Angebot. Das Problem damals war halt ein viel zu dünnes Erdgas-Tankstellennetz. Heute sind es rund 800 Zapfstellen, Tendenz steigend.

Steigende Benzinpreise sorgen für Gas-Boom

Richtig gezündet hat das Gas-Geschäft mit dem Fiat Multipla ab 1999. Dieser schräg gestylte Nischentyp zeigte allerdings auch die Probleme des Systems auf: Klemmende Magnetventile und spinnende Steuerelektronik ließen viele Multipla im Benzin-Modus verharren. Und: Gammelnde Gasflaschen und -leitungen treiben heute den TÜV-Prüfern Schweiß auf die Stirn. Der TÜV checkt bei der Hauptuntersuchung auch die Gasanlage, was mit rund 20 Euro extra berechnet wird. Trotzdem lohnt sich ein Gasauto in der Regel immer noch. Denn im Vergleich zu gleich starken Benzinern ist es gebraucht nur wenig teurer. Das könnte sich ändern – denn immer mehr Sparfüchse verlieren die Furcht vor diesem bisher exotischen Treibstoff und entschließen sich, künftig Gas zu geben. Das könnte zu einer Art Gas-Boom führen – auch bei gebrauchten Gasautos.

Erdgas oder Autogas?

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Autogas wird mit einem Druck von ungefähr acht bar, Erdgas mit 200 bar gespeichert. Beides ist völlig ungefährlich.
Auf dem Markt konkurrieren zwei unterschiedliche Systeme, die kaum technische Gemeinsamkeiten haben: Erdgas und Autogas. Bei Erdgas handelt es sich zum größten Teil um Methan, das unter einem Druck von 200 Bar in stabilen Gastanks gespeichert wird. Gebräuchliche Abkürzung für Erdgas ist CNG – Compressed Natural Gas. Bei Autogas hingegen handelt es sich im Prinzip um Flüssiggas, wie es auch für Campingzwecke angeboten wird. Autogas wird auch als LPG (Liquified Petroleum Gas) bezeichnet und besteht aus einem Gemisch von Propan und Butan, das unter einem Druck von maximal 20 Bar gespeichert wird.

Sind Gasautos gefährlich?

Manch einer hält sie für rollende Bomben, aber tatsächlich sind Gasautos nicht gefährlicher als Fahrzeuge mit Benzintanks. Selbst Erdgas ist trotz seines hohen Drucks von 200 Bar unproblematisch, weil die Stahlflaschen mindestens den doppelten Prüfdruck vertragen müssen. Und sollten tatsächlich mal Undichtigkeiten auftreten, ist Erdgas leichter als Luft und wird vom Winde verweht. Etwas riskanter ist die Situation bei Flüssiggas (LPG): Es hat eine höhere Dichte als Luft, könnte sich also theoretisch an der tiefsten Stelle einer Garage sammeln – wie Benzin. Weshalb einige Parkhausbetreiber von ihrem Recht Gebrauch machen und Flüssiggas-Autos die Einfahrt verbieten.

Fiat Multipla Bipower

Fiat Multipla
Der ab 1999 als bivalentes Gasauto angebotene Fiat Multipla ist ein Pionier der Szene und hatte damit auch genügend Zeit, einige Mängel zu entwickeln. Magnetventile und Verschraubung der Gasleitungen führten wegen ihrer Neigung zu Undichtigkeiten zu einem Rückruf, im Praxistest (Heft 5/2002) missfiel vor allem die stark korrodierte Gasanlage. Weitere Undichtigkeiten sind damit programmiert, außerdem verursachen vergammelte Gasflaschen Probleme bei der Hauptuntersuchung. Andere Multipla-Fahrer klagen über verwirrte Steuergeräte, die das Fahrzeug nur im Benzinbetrieb fahren lassen, Gasgeruch im Innenraum und Ölverlust am Motor.

Fiat Punto Bipower

Fiat Punto Bipower
Der Fiat Punto gehört zu den bivalenten Erdgas-Autos, allerdings ist sein Gasspeicher mit elf Kilo ziemlich klein geraten. Zum Trost gibt es noch einen Vorrat von 47 Liter Super, sodass insgesamt bis zu 1000 Kilometer Reichweite machbar sind. Probleme bereitet vor allem die Korrosion des Gassystems, dazu kommen verwirrte Steuergeräte, die das Umschalten zwischen Gas und Benzin nicht geregelt bekommen. Aber auch das Basisfahrzeug ist stets für unliebsame Überraschungen gut. Die bereiten oft die elektrische Servolenkung, Bremsen und Lenkgestänge sowie die fix rostende Auspuffanlage. Damit nicht genug – auch das Karosserieblech korrodiert zügig.

Volvo V70 Bi-Fuel

Volvo V70 Bi-Fuel
Bivalente Erdgas-Ausrüstung gab es bereits im ersten V70 von 1997, doch erst die Neuauflage von 2001 erreichte nennenswerte Stückzahlen. Probleme mit dem Erdgasteil sind selten, verklemmte Ventile bleiben Einzelfälle. Auch der unaufgeladene Fünfzylinder stellt keine hohen Anforderungen. Häufiger sind Verschleißerscheinungen am Fahrwerk: So wird das Lenkgetriebe gelegentlich undicht, die Koppelstangen der Stabilisatoren klappern, und die Traggelenke schlagen aus. Außerdem ist ab Baujahr 2001 die Handbremse ein Risikofaktor bei der Hauptuntersuchung, sie neigt zu ungleichmäßiger Wirkung. Ärgerlich: blockierte Lenkschlösser und defekte Generatoren.

Opel Astra Caravan CNG

Opel Astra Caravan CNG
Der Opel Astra gehört zu den Lieblings-Dienstwagen der Gaswerke, zumindest taucht er sehr oft mit deren Werbe-Schriftzügen im Straßenbild auf. Probleme mit der Gasanlage beschränken sich auf vereinzelt korrodierte Gasflaschen sowie seltene Undichtigkeiten an Leitungsverbindern. Außerdem lebt der Endschalldämpfer meist nur kurz. Aber das Basisfahrzeug gilt als recht solide, Rost ist dank verzinkter Bleche kein Thema. Der TÜV kritisiert eher mal Spiel in den Spurstangen, defekte Traggelenke und die Scheinwerfer. Außerdem neigt auch der CNG-Motor nach höheren Laufleistungen zu Ölverlust. Wichtig: auf den Zahnriemen achten.

Opel Zafira CNG
Ab 1999 mischte der siebensitzige Opel Zafira den Markt der Minivans auf – auch als monovalente CNG-Ausführung. Vorteil: Die hohe Verdichtung von 12,5:1 nutzt die Klopffestigkeit des Erdgases voll aus, das senkt den Verbrauch. Probleme mit der Erdgasanlage sind bei Opel selten, einzig die Ventile neigen vereinzelt zum Klemmen. Und bei frühen Modellen tauchen nun erste Fälle von Korrosion an den Druckflaschen auf. Abgesehen davon gilt es, beim Zafira immer die Spurstangen der Lenkung zu prüfen, bei höheren Laufleistungen muss man auch Ölverlust an Motor und Getriebe im Auge behalten. Größtes Manko des Erdgas-Zafira ist allerdings der für das üppige Gewicht zu schlappe Motor.

VW Golf Variant BiFuel

VW Golf Variant Bi Fuel
Treuer Freund: Der Golf Variant Bi Fuel erzielt hohe Preise, für 7500 Euro gibt es nur Langstreckenfahrzeuge.
Ende 2002 konnte sich VW dem Trend zu alternativen Energien nicht länger verschließen und brachte den Golf Variant BiFuel auf den Markt. Basis ist der Zweiliter-Vierzylinder, der jedoch nicht auf den Erdgasbetrieb optimiert wurde und deshalb statt 115 nur noch 102 PS leistet. Probleme bereiten in erster Linie das Tankventil und die Ventile der einzelnen Gasflaschen. Die Korrosion im System hingegen hat VW mit speziellen Beschichtungen im Griff. Aber auch die Basis Golf IV zickt zuweilen: Querlenker- und Hinterachsbuchsen, Fensterheber und Zahnriemen, um nur die häufigsten Mängel zu nennen. Und seinen Öldurst hat der Zweiliter auch im Gasbetrieb nicht abgelegt.

Citroën Berlingo Bivalent
Hochdach-Kombi: Der Citroën Berlingo verbindet Platz für vier Erwachsene mit einem riesigem Kofferraum.
Der Citroën Berlingo wurde zwar 2003 und 2004 in einer bivalenten Erdgasversion in Deutschland angeboten, in der Praxis sind diese Typen aber selten zu finden. Größer ist das Angebot in Österreich und der Schweiz, wo der Gas-Berlingo höhere Stückzahlen erreichte. Probleme gibt es wie bei anderen Gasfahrzeugen mit Korrosion an Gasflaschen, vereinzelt kommt es auch zu Undichtigkeiten. Darüber hinaus ist der Berlingo anfällig für Ölverlust, ausgeschlagene Spurstangen und defekte Traggelenke der Vorderachse. Außerdem neigt die Auspuffanlage zum raschen Rosten, und an der Bremse bemängelt der TÜV häufig riefige oder verschlissene Bremsscheiben.

FAZIT von AUTO BILD-Gebrauchtwagen-Experte Hendrik Diekmann

Für mich kamen bisher immer nur Diesel infrage, alles andere war mir im Unterhalt zu teuer. Aber die Zeiten ändern sich: Ein gut gemachtes Erdgas-Auto fährt billiger – und außerdem kultivierter. Schade nur, dass die Gastanks meistens viel zu klein sind, keine ordentliche Reichweite zulassen. Denn nichts hassen Vielfahrer mehr, als dauernd an der Tanke zu stehen. Oder, bei bivalenten Fahrzeugen: den Benzintank zu Hilfe nehmen zu müssen.